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WAS DER GESUNDHEIT DIENT, DIENT AUCH DER WIRTSCHAFT! - WIE BITTE???

Politik und Liebe – ein Widerspruch in sich? Politik regelt das soziale Leben in der πόλις polis (griechisch für Stadt), in der Gesellschaft. Liebe ist das Motiv für das menschliche Leben schlechthin: Es macht ein Leben lebenswert und den Menschen liebenswert. Liebe, das ist einander Raum und Zeit schenken. So definiere ich «Liebe»: Das griechische αγαπάω agapao aus der Entstehungszeit der Bibel bedeutet nicht mehr und nicht weniger als freundlich aufnehmen.

 

Respekt, Solidarität – das reiche nicht für das menschliche Zusammenleben, sagt die Rechtsphilosophin Martha C. Nussbaum (2014) in Politische Emotionen, warum Liebe zu mehr Gerechtigkeit führt. Martha C. Nussbaum füllt meine Vorstellung von Liebe mit Inhalt, wenn sie «Liebe» mit dem Einsatz von Einfühlungsvermögen und Phantasie definiert.

 

Politische Liebe ist die Kombination: Wenn sich zu jeder Zeit an jedem Ort ein Raum öffnet, in den einzutreten vermag, wer will. Denn können tut das jede und jeder. Selbst Kleinkinder können sich rasch in Menschen und Dinge einfühlen. Weil sie neugierig sind und Phantasie haben. Egal, wo du in deiner Entwicklung stehst – du kannst das auch: Wenn ich mich in mich hineinfühle, dann empfinde ich zuerst das Bedürfnis, Liebe zu verschenken, die Welt und die Menschen zu lieben. Dann erst keimt die grosse Sehnsucht, Liebe zu erhalten, in die Arme genommen zu werden oder wenigstens Resonanz von der Welt da draussen zu bekommen, auf die ich neugierig bin.

 

Liebe zum Menschen und zur Welt führen in der polis, in der demokratischen Gesellschaft zu Gerechtigkeit. Denn jeder Mensch ist anders und die Welt ist vielfältig, schön und gefährlich. Gerade haben wir eine humanitäre Krise. Weil die meisten Menschen der Materialanhäufung und Gewinnmaximierung frönen und – noch schlimmer – sich für die Interessen der neoliberalen Hardcore-Kapitalist_innen und Auf-Halde-Produzent_innen versklaven lassen. Wie wirtschaftshörig und menschenfeindlich die Politik in unserer sogenannten schweizerischen Demokratie ist, belegt die mehrmals geäusserte Botschaft an der sonntäglichen Medienkonferenz des Bundesrats vom 18. Oktober 2020 zum Kickoff der zweiten COVID-19-Pandemie-Welle:

 

«WAS DER GESUNDHEIT DIENT, DIENT AUCH DER WIRTSCHAFT!»

WIE BITTE???

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Kommentare: 2
  • #1

    Gaby Belz (Montag, 19 Oktober 2020 16:20)

    Qualitatives statt quantitatives Wachstum, mehr Zeitsourveränität und -reichtum, weniger Güter. Nur so haben wir den Hauch einer Chance, unsere Lebensgrundlagen zu erhalten. ABER: wer in diesem Umwandlungsprozess glaubwürdig und verantwortungsvoll sein und bleiben will, sollte immer gleichzeitig an die unendlich Vielen (hier bei uns wie in den südlichen Ländern) denken, die existentiell auf ihren oder einen Brotjob angewiesen sind, solange keine Alternativen (Grundeinkommen, Gleichstellung von Care-Arbeiten) verfügbar sind. Da braucht's noch viel Brain und Überzeugungskraft.

  • #2

    Ruflo (Dienstag, 20 Oktober 2020 17:08)

    Liebe Gaby
    Systemwechsel bedeutet nicht Systemverbesserung, also nicht mehr oder weniger, weil hier Überfluss und da Mangel ist. Nicht besser, weil etwas schlecht ist. Sondern ANDERS. Der Fokus soll vom Kapital und vom Material auf den Menschen, seine Bedürfnisse und seine Lebens- und Weltgestaltung verschoben werden, kurz vom Haben zum Sein. Damit steht das Menschenrecht der Autonomie sowohl in der Lebensgestaltung als auch im Lebensunterhalt im gesamten Erwachsenenleben im Zentrum des neuen Systems. Bedingungsloses Grundeinkommen und Gleichstellungsbemühungen können Übergangslösungen sein.

    Es gilt, die gesamte Ökonomie als Care-Ökonomie in den Dienst des Menschen und seiner Bedürfnisse zu stellen und nicht den Menschen für die Gier einiger weniger zu instrumentalisieren. Das heisst auch: Einbindung von "freiwilliger" Gratisarbeit, von Care- und Regenerationsarbeit, von Kulturarbeit in den ökonomischen Kreislauf. Das heisst, Unternehmen, die in dieser Corona-Zeit in der Krise sind, konkurs gehen lassen, denn ihre Produkte oder Dienstleistungen braucht es entweder nicht, nicht in der angebotenen Menge, nicht in der angebotenen Qualität oder nicht an dem aktuellen Standort.
    MIch stört, dass Frauen immer erst die Welt retten wollen und ihnen deshalb nie wirklich gelingt, etwas zu bewegen, Menschen zu bewegen. Jetzt ist die Zeit, sich auf sich selber zu besinnen und die eigene Lebensgestaltung anzugehen. Ich argwöhne, das andere ist Sklavenmentalität: Mit Anklagen kann frau ganz schön Macht ausüben...